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Bericht: Seminar zu Frauenförderung an Hochschulen, 14.-16.06.2013 in Berlin

Ziel des Seminars
Bei der Anzahl der weiblichen Studierenden konnte in den letzten Jahrzehnten ein enormer Zuwachs verzeichnet werden. Jedoch zeichnet sich dieses Bild nicht beim Lehrpersonal an Hochschulen ab. Bislang kann man in Deutschland im Durchschnitt sind nur 19% der Professuren weiblich besetzt und auch in den Gremien und der Hochschulvertretung sind Männer stark überrepräsentiert. Ein Ziel des Seminars war es, die Ursachen für diese unausgewogene Geschlechterverteilung aufzuspüren und zu diskutieren. Zudem sollen Konzepte zur Frauen-förderung im Studium, Lehre und Hochschulgremien entwickelt werden. Dafür sollte in dem Seminar zunächst das Wissen über den Stand der Frauenbeteiligung an Hochschulen vermittelt werden, um anschließend gemeinsame Lösungsansätze formulieren zu können. Ein Schwerpunkt lag dabei auf der Frauenbeteiligung in hochschulpolitischen Gremien. Auch sollte über typische „Männerstudiengänge“, wie beispielsweise Informatik oder Maschinenbau sowie „Frauen-studiengänge“, wie Pädagogik oder Erziehungswissenschaften und deren geringer Frauen- bzw. Männeranteil diskutiert und Lösungsansätze entwickelt werden . Damit wollte das Seminar für Missstände sensibilisieren, Wissen vermitteln und die Telnehmerinnen in ihrer Lösungskompetenz stärken.

Verlauf des Seminars
Das Seminar fand von Freitag, dem 14. Juni 2013 bis Sonntag, dem 16.Juni 2013 in Berlin statt. Das Seminar begann am Freitag Nachmittag mit einer Vorstellungsrunde der Teilnehmerinnen. Dabei wurde auch die Motivation, an diesem Seminar teilzunehmen, thematisiert und damit eine erste Auseinandersetzung mit dem Thema gefördert. Nach einem kurzen Überblick, was an dem Wochenende geplant ist, gab es Abendessen. Ab 19 Uhr begann die Einführungsveranstaltung. Da ein Besuch im Bundestag aus organisatorischen Gründen nicht möglich war, wurde Ekin Deligöz eingeladen, um von ihrem Leben als Politikerin zu berichten und sich über frauenfeindliche Strukturen in der Gesellschaft, im Beruf und im Studium auszutauschen. Als Mitglied des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung könnte sie eine politische Perspektive auf die Probleme von Frauen an Universitäten in die Diskussion einbringen. Der restliche Abend stand den Teilnehmerinnen zur freien Verfügung, um sich untereinander kennen zu lernen und zu vernetzen.

Am Samstagmorgen gab es um 10 Uhr von Luisa Schwab eine Einführung in die Hochschul-strukturen, Gremien und den Frauenanteil an Hochschulen und einen Überblick über die Studierendenzahlen der einzelnen Studienfächer. Nach diesem eher ernüchternden Überblick wurden die Möglichkeiten für Frauenförderung im Rahmen der Hochschule dargestellt. Im Anschluss diskutierten die Teilnehmerinnen über die geringe Beteiligung von Frauen in Gremien und über sexistische Strukturen, die es Frauen erschweren einen Beruf in der Wissenschaft auszuüben. Daran knüpfte der anschließende Workshop von Sarah Dangendorf an, die sich in einem Vortrag der Frage widmete, wieso die Geschlechtertrennung in einigen Studienfächern immer noch so stark ist. Sie identifizierte dabei vor allem kulturelle Faktoren als Ursache, weshalb im Anschluss eine Diskussion über Frauen- und Männerbilder in der Gesellschaft und die sich daraus ergebenden Folgen für den Bildungsbereich entstand.

Nach dem Mittagessen bot Gitta Stieber einen Workshop an, in dem sie über den Umgang mit offenen Sexismen an der Universität berichtete und Handlungsmöglichkeiten eröffnete. Die Teilnehmerinnen reflektierten eigene Diskriminierungserfahrungen in der Universität und Hochschulpolitik. Anschließend bot eine Kleingruppenarbeit Möglichkeit, sich über verschiedene Handlungsmöglichkeiten auszutauschen und sie in Rollenspielen auszuprobieren. Nach der Kaffeepause wurde die Diskussionsrunde über sexistische Diskriminierungen weitergeführt und auch das Thema sexuelle Belästigung wurde mit Handlungsempfehlungen und Hilfestellungen bzw. Hilfsorganisationen für Betroffene und Angehörige beleuchtet.

Nach dem Abendessen wurde von Anthanasia Oursoula Vryzaki ein Referat zu Sexismus und Rassismus in der Werbung gehalten und anschließend über Methoden um diskriminierende Werbung zu verhindern diskutiert. Der Schwerpunkt lag dabei auf der Frage nach Männer- bzw. Frauenbildern in Werbeanzeigen an den Universitäten. In der sich anschließenden Diskussion wurde die Zunahme an Werbung an Universitäten und die damit verbundene Verbreitung von Geschlechter-Stereotypen kritisiert. Am Sonntag folgte nach dem Frühstück ein Referat von Kate Cahoon zu Sexualisierung von Mädchen bis 14 Jahren in der Werbung, in den Medien und im Alltag. Nach einer Frage- und Diskussionsrunde leiteten die Organisatorinnen das Abschlussplenum ein. Im Abschlussplenum versuchten die Teilnehmerinnen, vor dem Hintergrund des neu Erlernten, Hauptproblemfelder zu identifizieren und dazu passende Handlungs¬möglichkeiten zu benennen. Unter dieser Fragestellung reflektierten die Teilnehmerinnen nochmal die Inhalte des Seminars und formulierten für sich ein Fazit. Um 15 Uhr endete das Seminar.

Ergebnisse des Seminars
Anhand verschiedener Diskussionsrunden wurde ein Austausch unter den Teilnehmerinnen initiiert und eine Vernetzungsmöglichkeit für, die aus verschiedenen Bundesländern angereisten, ermöglicht. Die Teilnehmerinnen wurden für Sexismus und andere Diskriminierungen in unserer Gesellschaft sensibilisiert und tauschten ihre persönlichen Erfahrungen mit Diskriminierungen, insbesondere Sexismus aus. Hier bestand ein enger Bezug zur Lebensrealität der Teilnehmerinnen, die alle bereits Erfahrungen mit verbalen Übergriffen hatten. Einige von ihnen hatten bereits körperliche Grenzverletzungen erlebt. Den Teilnehmerinnen war es deshalb wichtig, sich darüber in einem geschützten Raum austauschen zu können. Durch unterschiedliche Erfahrungen der Teilnehmerinnen und Referentinnen wurde für solche Übergriffe Handlungs¬optionen diskutiert und ausprobiert, die die Teilnehmerinnen in ihrem Alltag stärken und schützen sollen. Auch mit strukturellen Sexismus hatten viele Teilnehmerinnen Erfahrung bzw. kannten Frauen, die durch diesen betroffen sind. Besonders stark ist der strukturelle Sexismus an Hochschulen thematisiert worden. Die Teilnehmerinnen versuchten sich zu erklären, warum diese Art von Sexismus schwer aufzudecken und zu verhindern ist, obwohl immer wieder politisch mittels Quoten an Hochschulen versucht wurde z. B die gläserne Decke zu überwinden. Die Teilnehmerinnen waren sich einig, dass es nicht ausreichend ist, dass versucht wird mehr Frauen für die Wissenschaft zu gewinnen, denn auch weitere Diskriminierungen erschweren eine Karriere für Frauen in dem Gebiet. Ebenso waren sich die Teilnehmerinnen einig, dass Familienpolitik kein Frauenthema ist und auch nicht immer als dieses politisch behandelt oder verknüpft werden sollte. Für die Teilnehmerinnen muss ein gesellschaftliches Umdenken in der Familienpolitik stattfinden. Die Teilnehmerinnen empfanden das Seminar als sehr wertvoll und diskutierten, wie sie sich auch im Anschluss an das Seminar weiter vernetzen können und Informationen austauschen, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Sie richteten eine gemeinsame Dropbox ein, um Informationen, Materialien und Anregungen miteinander zu teilen.

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